Schulpraktikum am Collège Daisy George Martin in Irigny

Idee

Als Lehramtsstudentin für Deutsch, Italienisch und Französisch wusste ich schon bald, dass ich auf Auslandsaufenthalte angewiesen sein würde. Die Idee zum Praktikum kam, als ich mich gerade im 2. Fachsemester befand. Allerdings studiere ich Französisch ohne die dafür notwendigen drei Jahre Gymnasialkenntnisse, denn als 3. Fremdsprache hatte ich damals Italienisch gewählt – mich aber nun dennoch für ein Französisch-Studium entschieden.

 

Allerdings musste ich natürlich nun das fehlende Wissen möglichst zügig nachholen. Dafür bot sich ein Auslandsaufenthalt sehr an. Jedoch war das zweite Semester für ein Semester im Ausland zu früh und ein einfacher Sprachkurs im Ausland hätte meinen „Nachholbedarf“ nicht genügend gedeckt.

 

Nun hat es sich ergeben, dass mein Heimatdorf Gochsheim in Unterfranken als Partnerstadt Irigny in Frankreich hat. Aus diesem Grund habe ich beschlossen, dort ein Praktikum am städtischen Collège (Sekundärschule) zu absolvieren.

 

Dieses Praktikum sollte mir ermöglichen, einen Einblick in den französischen Schulalltag zu erhalten, Abläufe und Methoden zu sehen, die ich vielleicht eines Tages in meinen eigenen Unterricht einfließen lassen könnte. Verknüpft mit den theoretischen „Erfahrungen“ war natürlich die Praxis: das Verbessern meiner Französisch-Kenntnisse. Durch Kontakt mit dem Lehrerkollegium, den Schülern und natürlich der Gastfamilie ergab sich die ideale Möglichkeit zum Erlernen der französischen Sprache, bei der ich ja sozusagen „bei null“ beginnen musste.

 

Bewerbungsschritte

Das Besondere an meinem Auslandsaufenthalt war, dass die Initiative für die Bewerbung nicht von mir stammte, sondern von der Vorsitzenden unseres Partnerschaftskomitees in Gochsheim, Fr. Dr. Krämer. Erst Fr. Krämer wies mich darauf hin, dass ich als Bewohnerin von Gochsheim die Möglichkeit hätte, in unserer französischen Partnergemeinde ein Praktikum durchzuführen.

 

Nachdem ich zugesagt hatte, wurde die Suche nach einer Gastfamilie begonnen. Den Kontakt zur Schule stellten Mitglieder des französischen Partnerschaftkomitees in Irigny her. Ich selbst musste nur ein Motivationsschreiben an die Schule (Collège Daisy George Martin) schicken und damit war das Bewerbungsverfahren abgeschlossen.

 

Bewerbung

Wie gesagt, gab es in meinem Fall keine wirkliche Bewerbung, denn die Vereinbarungen zum Praktikum liefen über die Rathäuser meines Heimatdorfes und unserer Partnergemeinde Irigny. Erforderlich war nur ein gesondertes Motivationsschreiben meinerseits, weshalb ich am dortigen Collège ein Praktikum machen möchte. Es gab keinerlei Fristen oder Ähnliches einzuhalten. Die Absprache über den Zeitraum des Praktikums war mit „die ersten drei Septemberwochen nach Schulanfang“ relativ offen gehalten. 

 

Reflexion des Aufenthaltes

Je näher das Praktikum kam, umso mehr Briefe und Emails kamen aus Frankreich, in denen noch Informationen oder Unterlagen gefordert wurden. Obwohl man seit April von meinem Praktikumswunsch wusste, war es den Organisatoren nicht wirklich gelungen, alles rechtzeitig in die Wege zu leiten. Auch eine Gastfamilie wurde erst zwei Wochen vor meiner Abreise gefunden und es blieb daher nicht genug Zeit sich schon mal vorher etwas näher kennenzulernen über Emails o.Ä. Erst als ich dann selbst in Frankreich war, habe ich erfahren, dass es nicht an die Gemeindemitglieder weitergeleitet worden ist, dass eine Gastfamilie benötigt wurde. Mein Gastvater hatte rein zufällig in einer Gemeinderatssitzung davon erfahren und sich gleich darauf gemeldet. Auch war der Schule seit Juni mein Wunschtermin für den Beginn des Praktikums bekannt (2.September) und erst Ende August am Wochenende vor der Abreise kam die Email der Direktorin mit der Bitte, ich möge mich einen Tag früher an der Schule vorstellen. Dies war aber leider nicht mehr möglich, da meine Zug-Tickets schon gebucht waren. Ich bin also mit einem recht mulmigen Gefühl abgefahren, weil ich überhaupt nicht wusste, ob man mich tatsächlich dort erwartete.

 

Aber schon nach wenigen Tagen erwiesen sich meine Befürchtungen als unbegründet. Die Familie nahm mich sehr gastfreundlich auf und gewährte mir während meines Aufenthalts jegliche Freiheiten. Auch an der Schule (wo kein Lehrer, nicht einmal die Deutschlehrerin, von meinem Praktikum informiert worden war) wurde ich trotzdem sehr nett empfangen. Ich wusste stets an welche Lehrer ich mich wenden konnte. So fühlte ich mich immer gut aufgehoben und hatte nie das Gefühl „irgendwo abgestellt“ worden zu sein, wie es manchmal während der Praktika an deutschen Schulen der Fall war. Diese Gastfreundlichkeit ist mir stets entgegengebracht worden, ob wir nun Freunde der Familie übers Wochenende besuchten und diese mich wie eine langjährige Freundin behandelten oder wenn kurze Bekannte mir sofort eine Unterkunft anboten, falls ich noch einmal nach Irigny kommen wollte.

 

Aber nicht nur menschlich war der Aufenthalt ein Erfolg, auch auf sprachlicher Ebene habe ich viel mehr erreicht, als ich vorher geglaubt hatte. Nach nur wenigen Tagen hatte ich das Gefühl, mich in Französisch über alles ausdrücken zu können. Bisher konnte ich zwar französische Texte mithilfe meines Wörterbuchs verfassen und damit einige Kurse an der Uni bestehen, doch um alle sprachpraktischen Kurse hatte ich einen großen Bogen gemacht, weil ich mich nicht traute mit einem Jahr Französisch-Unterricht diese zu belegen. Gegen Ende der drei Wochen aber fiel das Sprechen relativ leicht, fehlende Wörter o.Ä. erklärte ich auf eine andere Weise und machte immer weniger Gebrauch von meinem Wörterbuch. Ich bin nun auch sehr optimistisch, was mein französisches Sprachgefühl angeht und habe mich ohne Zögern für die sprachpraktischen Kurse angemeldet.

 

Der Einblick in die französische Kultur und Lebensweise füllte das Wort „französisch“ mit ganz neuen Assoziationen, die bei mir bisher nur aus Lernen, Angst vor Versagen und Grammatik-Nachlernen bestanden hatten. Ich verbinde mit der Sprache nun mehr positive Erinnerungen an Land, Leute und Kultur und genieße es, Französisch zu sprechen. Diese Art des Umgangs mit einer Sprache kannte ich bisher nur beim Italienischen und Russischen und bin daher sehr froh, nun sagen zu können, dass ich auch sehr gerne französisch spreche.  

 

Während der Unterrichtsstunden, die ich beobachten durfte in meinem Praktikum, konnte ich sehr viele neue Methoden und Organisationsstrukturen sehen, die mir bisher unbekannt waren. Einige davon habe ich vor für mich bzw. meinen (irgendwann) eigenen Unterricht ebenfalls zu verwenden. Auch durfte ich verschiedene Lehrerpersönlichkeiten kennenlernen, den Umgang der Lehrer mit den Schülern erleben und habe auch daraus meine subjektiven Schlüsse gezogen, wie ich mit Schülern umgehen möchte. Allein schon bei den Besichtigungen der zweitgrößten Stadt Frankreichs Lyon habe ich sehr viel über Frankreich und seine Geschichte gelernt und denke, dass davon auch meine eigenen Schüler irgendwann profitieren werden.

 

Alles in Einem habe ich so viele neue Erfahrungen mitgenommen, obwohl der Aufenthalt mit drei Wochen relativ kurz war, dass ich ohne zu zögern jederzeit wieder nach Irigny fahren würde.

 

Julia Schimpf